Ein Forschungsteam der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) hat am 15.2.2021 eine mögliche Erklärung dafür geliefert, warum manche Menschen schwere Covid-19-Verläufe haben und andere kaum etwas von der Erkrankung spüren.
Demnach ist die Annahme, das hinter einem schweren Covid-19-Verlauf ein schwaches Immunsystem steckt, vollkommen falsch. Das Virus nutzt laut Dr. Julian Heuberger einen Verteidigungsmechanismus des Immunsystems aus, um sich im Körper zu verbreiten. Dem Forschungsteam zu Folge übernimmt das Virus Schleimhautzellen des Körpers, um sich in diesen zu vermehren und im Körper auszubreiten.
Unser Immunsystem besteht vorrangig aus T-Zellen. Diese sind immer im Körper vorhanden und bewegen sich ständig durch unseren Blutkreislauf. Stoßen die T-Zellen auf Viren und erkennen diese als potenziell gefährlich, so zerstören sie die befallenen Zellen. Darüber hinaus wird dabei der Botenstoff Interferon-gamma (IFN-γ) ausgestoßen, der weitere Immunzellen auf den Plan ruft und den Eindringling bekämpft.
SARS-Cov-2 nutzt IFN-γ aus, um diesen Mechanismus für sich zu gebrauchen. Durch IFN-γ reagieren auch die Schleimhautzellen des Körpers, die ACE2-Rezeptoren bilden. ACE2-Rezeptoren sind die Eintrittspforte für das SARS-Cov-2-Virus in den menschlichen Körper. Da infizierte Zellen mehr ACE2-Rezeptoren bilden, vermehrt sich das Virus im Umkehrschluss auch.
„Wir nehmen an, dass eine starke Immunantwort die Anfälligkeit von Schleimhautzellen für SARS-CoV-2 erhöhen kann“, sagt der Leiter der Studie Privatdozent Dr. Sigal.
Pressemitteilung 15.2.21
Inwiefern dieses Wissen im Kampf gegen SARS-Cov-2 helfen kann, muss nun in einer groß angelegten Studie weiter untersucht werden. Die Forscher sehen jedoch einen kausalen Zusammenhang zwischen einer starken Immunantwort auf eindringende Viren und einen starken Covid-19-Verlauf.
Dr. Heuberger ist zuversichtlich: “„Eine mögliche Strategie könnte darin bestehen, die IFN-γ-Antwort medikamentös auszubalancieren.“ Um dies zu tun, muss jedoch zunächst untersucht werden, aufgrund welcher Umstände die IFN-γ-Antwort stark beziehungsweise schwach ausfällt.